Biografie: Eva Braun – die Bürgerliche an Hitlers Seite - WELT (2024)

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Deutschland sei seine Braut, hat Adolf Hitler stets betont. Entsprechend bleib der "Führer" in der Öffentlichkeit Frauen gegenüber stets zurückhaltend. Gut möglich, dass er sich an die Maxime seines frühen Vorbildes Dietrich Eckarts hielt, der genaue Vorstellungen von „Deutschlands Retter“ gehabt hatte: "Es muss ein Junggeselle sein, dann kriegen wir die Weiber!"

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Diesen Rat befolgte Hitler; seinem vielleicht einzigen persönlichen Freund Albert Speer soll er einmal gesagt haben: „Viele Frauen hängen an mir, weil ich unverheiratet bin.“ Das sei so wie bei einem Schauspieler: „Wenn er heiratet, verliert er für die ihn anhimmelnden Frauen ein gewisses Etwas, er ist nicht mehr so sehr ihr Idol.“

Aber selbst ein Diktator und Massenmörder hat ein Leben abseits von Öffentlichkeit und Politik. Ein Leben, das in den meisten der zahlreichen Hitler-Biografien eine überraschend geringe Rolle spielt, wie die Historikerin Heike B. Görtemaker meint – und sich deshalb jener Frau annahm, die wohl von allen Menschen die engste Beziehung zu Hitler hatte: Eva Braun.

Die äußeren Fakten ihres Lebens sind seit langem bekannt: geboren 1912 als Tochter eines Berufsschullehrers, wuchs sie in „bürgerlicher Normalität“ in München auf und ging nach dem Schulabschluss bei einem Fotografen in die Lehre. Hier lernte Eva Braun 1929 den „Herrn Wolf“ kennen, den sie zuerst nicht erkannte, obwohl er der „Führer“ der regional bekannten, aber reichsweit noch relativ unbedeutenden NSDAP war.

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Adolf Hitler begann das blonde Mädchen einzuladen, in Restaurants, die Oper oder Kinos auszuführen. Anfang der dreißiger Jahre, Hitler war inzwischen zum mächtigsten Oppositionspolitiker aufgestiegen, intensivierte sich das Verhältnis der beiden, und ab 1936 lebte Eva Braun teilweise in einem von Hitler gekauften Haus in München, teilweise auf seiner Alpenresidenz „Berghof“.

Gegen den Willen des Reichskanzlers kam sie im März 1945 in den „Führerbunker“ in Berlin; hier heiratete der Diktator sie am frühen Morgen des 29. April. Nach nicht einmal 48 Stunden Ehe begingen die beiden zusammen Selbstmord; ihre Leichen wurden von den letzten Getreuen im selben Granattrichter verbrannt.

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Die deutsche Öffentlichkeit erfuhr von Eva Braun offiziell erst nach dem Ende des Dritten Reiches. Zwar hatte das US-Magazin „Time“ bereits im Mai 1939 über die Freundinnen sowohl Mussolinis als auch Hitlers spekuliert und in diesem Zusammenhang den Namen Eva Braun genannt.

Die Wohnung der Münchnerin werde von ihrem „alten Freund in Berlin“ bezahlt, der immer vorbei komme, um sie zu sehen, wenn er in der Stadt sei. Doch diese Information übernahmen die streng gelenkten und beaufsichtigten deutschen Zeitungen natürlich nicht.

Über die Beziehung von Eva und Adolf ist in den sechseinhalb Jahrzehnten seit ihrem gemeinsamen Suizid viel spekuliert worden. Mindestens zehn Biografien sind über sie bereits erschienen, dazu mehr oder weniger lange Ausführungen in zahlreichen weiteren Büchern. Doch alle Autoren haben dasselbe Problem: Es gibt nicht genügend eindeutig echte Quellen, um das gemeinsame Leben der beiden wirklich auszuleuchten.

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Neue wesentliche Dokumente hat auch Heike B. Görtemaker nicht gefunden. Dennoch lohnt ihr über 350 Seiten starkes Buch, das in wenigen Tagen in den Buchhandel kommt. Denn genau wie nie ein Historiker zuvor betrachtet sie die zahllosen einzelnen Äußerungen und Hinweise auf Eva Braun. Daraus zeichnet sie das Porträt einer Frau, die doch ganz anders war als das gängige Bild.

So war sie keineswegs eine „unpolitische“ Frau. Vielmehr sieht Görtemaker in ihr eine „kapriziöse, kompromisslose Verfechterin der unbedingten Treue gegenüber dem Diktator“. Sie führte ein Leben, das dem in der nationalsozialistischen Propaganda verbreiteten Frauenbild geradezu entgegen gesetzt war.

Da Eva Braun weder Hausfrau noch Mutter war und höchstwahrscheinlich auch nicht sein wollte, entsprach sie gerade dadurch „den Bedürfnissen des 23 Jahre älteren, bindungsscheuen, mit schrulligen Lebensgewohnheiten behafteten Hitler“.

Am Ende der detaillierten, wenngleich ebenfalls naturgemäß oft ebenfalls spekulativen Analyse der zahlreichen Informationssplitter kommt Heike B. Görtemaker zu einem klaren Urteil: „Somit gewährt das Leben Eva Brauns mit Hitler einen tiefen Einblick in die im NS-Staat sorgsam verborgene und offiziell geleugnete private Existenz des Diktators, die entgegen späteren Beteuerungen der Mitglieder des ,Hofstaates’ nicht vom politischen Dasein Hitlers zu trennen war.“

Eine private Sphäre, in der über Politik nicht gesprochen wurde und in der die Ideologie des Nationalsozialismus keine Rolle spielte, habe es nicht gegeben – auch wenn Speer das Gegenteil behauptete.

Wie die meisten Schlüsse der Autorin klingt auch dieses Urteil plausibel. Mehr Annäherung an Eva Braun dürfte kaum möglich sein, wenn nicht doch noch durch einen unglaublichen Zufall - vielleicht in Moskau - echte neue Quellen auftauchen. Doch selbst dann dürfte es ein Geheimnis bleiben, ob und was sich im Schlafzimmer der Hitlers abgespielt hat.

Heike B. Görtemaker: Evan Braun. Leben mit Hitler. 366 S., 22,95 Euro

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